Wenn das eigene Kind oder ein Elternteil krank ist, muss kein normaler Urlaub genommen werden, sondern die sogenannte Pflegezeit bzw. die Pflegefreistellung kommt ins Spiel. Pflegezeit, auch Pflegeurlaub genannt, ist eine Form von Sonderurlaub und steht Arbeitnehmerinnen in bestimmten Fällen zu. Wann man Anspruch auf Pflegezeit hat, wie lange Pflegezeit sein darf und wie sich das auf dein Gehalt auswirkt, erfährst du hier.
Was ist Pflegezeit?
Pflegezeit ist eine nicht bezahlte Freistellung von der Arbeit für Arbeitnehmer, wenn sie nahe Angehörige pflegen müssen. Der Anspruch erstreckt sich auf alle Pflegegrade und umfasst auch die Begleitung von nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase, beispielsweise in einem Hospiz. Während der Pflegezeit steht dir kein normales Gehalt zu, da es eine nicht bezahlte Freistellung ist - du kannst jedoch Pflegeunterstützungsgeld bzw. zinslose Darlehen beziehen, um das Einkommen auszugleichen.
Als nahe Angehörige zählen folgende Personen:
Großeltern
Eltern
Schwiegereltern
Stiefeltern
Ehegatten
Geschwister
Lebenspartner
Partner in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft
Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten
Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner
Kinder
Adoptiv- oder Pflegekinder
Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners
Schwiegerkinder
Enkelkinder
Man unterscheidet zwischen einer kurzfristigen Pflegefreistellung bis zu 10 Tagen und einer längerfristigen Freistellung von bis zu sechs Monaten:
Kurzfristige Pflegefreistellung
Um in einer akuten Pflegesituation zu helfen, können Arbeitnehmer bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben. In dieser Zeit kann beispielsweise eine längerfristige Pflegeversorgung organisiert werden, falls das nötig ist. Dafür ist es notwendig, den Arbeitgeber unverzüglich über die voraussichtliche Dauer der Pflegefreistellung zu informieren. Falls der Arbeitgeber eine ärztliche Bestätigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen verlangt, muss diese bereitgestellt werden. Das Recht auf eine kurzfristige Pflegefreistellung haben alle Arbeitnehmerinnen unabhängig von der Unternehmensgröße. Der Schutz in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bleibt während dieser Zeit bestehen, man erhält jedoch nicht den üblichen Lohn. Für diese Zeit kann aber das “Pflegeunterstützungsgeld” beantragt werden.
Pflegeunterstützungsgeld bei kurzfristiger Pflegefreistellung
Pflegeunterstützungsgeld soll entgangenes Arbeitsentgelt während der Pflegefreistellung ausgleichen und du kannst es für bis zu zehn Arbeitstage erhalten. Diese Leistung gilt unabhängig vom Pflegegrad und beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts; bei beitragspflichtigen Einmalzahlungen in den letzten zwölf Monaten vor der Freistellung werden sogar 100 Prozent gezahlt. Bei mehreren Arbeitnehmerinnen, die ihren Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung für dieselbe pflegebedürftige Person nutzen, ist der Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld zusammen auf insgesamt bis zu zehn Arbeitstage begrenzt. Der Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld ist bei der Pflegekasse oder dem privaten Pflegeversicherungsunternehmen des pflegebedürftigen Angehörigen zu stellen, inklusive ärztlicher Bescheinigung über die (voraussichtliche) Pflegebedürftigkeit. Dein Arbeitgeber ist nur dann verpflichtet, dein Gehalt während der Pflegezeit weiterzuzahlen, wenn das vertraglich oder aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften (z.B. Tarifvertrag) vereinbart ist.
Freistellung bis zu sechs Monaten
Handelt es sich um eine längere Pflege, kann eine Pflegefreistellung von bis zu 6 Monaten in Anspruch genommen werden. Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, sich mit der Pflegezeit für bis zu sechs Monate ganz oder teilweise von der Arbeit freizustellen, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu betreuen. Das kann jedoch nur für nahe Angehörige mit mindestens Pflegegrad 1 in Anspruch genommen werden. Außerdem gilt dieser Anspruch nur, wenn das Unternehmen mindestens 15 oder mehr Beschäftigte hat. Wenn das Unternehmen weniger als 15 Beschäftigte hat, muss keine Pflegefreistellung gewährt werden. Um den Einkommensverlust während dieser Zeit zu mindern, kannst du ein zinsloses Darlehen beantragen.
Zinsloses Darlehen während der Pflegezeit
Das zinslose Darlehen während der Pflegezeit wird monatlich ausgezahlt und muss nach dem Ende der Pflegezeit in Raten zurückgezahlt werden. Um das zinslose Darlehen zu erhalten, musst du einen Antrag beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben stellen. Es gibt die Möglichkeit eines teilweisen Darlehenserlasses oder eines Erlöschenes der Darlehensschuld in bestimmten Sonderfällen, sodass nicht immer alles zurückgezahlt werden muss.
Begleitung der letzten Lebensphase
Wenn es sich um die Pflege eines nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase, z.B. im Hospiz, handelt, kannst du eine bis zu dreimonatige vollständige oder teilweise Pflegefreistellung nehmen. Ein Pflegegrad ist dabei nicht erforderlich. Während dieser Zeit steht dir die Möglichkeit offen, ein zinsloses Darlehen zu beantragen.
Familienpflegezeit bis zu 24 Monate
Reichen 6 Monate nicht für die Pflege naher Angehöriger, können sich Arbeitnehmerinnen auch bis zu 24 Monate teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Die Familienpflegezeit ist möglich, wenn du einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 1 in häuslicher Umgebung betreust und deine wöchentliche Arbeitszeit mindestens 15 Stunden beträgt. Die Festlegung einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden in der Familienpflegezeit soll verhindern, dass Beschäftigte ihre berufliche Tätigkeit aufgrund der Pflege gänzlich aufgeben. Arbeitgeber mit 25 oder weniger Beschäftigten sind jedoch nicht gesetzlich dazu verpflichtet, die Familienpflegezeit zu gewähren. Auszubildende werden bei der Mitarbeiterzahl nicht berücksichtigt. Für diese Zeit kann ebenfalls ein zinsloses Darlehen in Anspruch genommen werden.
Fazit
Die Möglichkeit einer kurzfristigen Pflegefreistellung von bis zu 10 Tagen ermöglicht es, akute Pflegesituationen zu bewältigen, wobei Pflegeunterstützungsgeld den Einkommensverlust ausgleichen kann. Die längere Pflegezeit von bis zu sechs Monaten bietet dagegen mehr Zeit und Flexibilität, setzt jedoch einen Pflegegrad 1 und eine bestimmte Unternehmensgröße voraus. In kleineren Betrieben besteht nicht immer ein gesetzlicher Anspruch auf diese Freistellungen. Checke daher am besten immer deinen Vertrag ab.