Ende 2020 befanden sich in Deutschland knapp 1,3 Millionen Personen in einer dualen Berufsausbildung, deutlich weniger als noch im Vorjahr. Junge Personen beginnen in den letzten Jahren immer seltener eine Ausbildung, die Coronakrise hat diesen Trend weiter verschärft. Daneben zeigt sich ein weiterer Trend deutlich: Die meisten Neuverträge verteilen sich auf wenige Ausbildungsberufe, vor allem im Bereich Industrie, Handel sowie im Handwerk.
Facts and Figures
Der Ausbildungsmarkt steht derzeit in einem Missverhältnis bei Angebot und Nachfrage, hier hat sich das Ungleichgewicht am Stellenmarkt von einem regionalen zu einem berufsbezogenen verändert. In ganz Deutschland blieben 2019 deshalb 53.100 Ausbildungsstellen unbesetzt, 2020 waren es bereits 59.900 Stellen. Besonders betroffen sind Ausbildungsberufe im Lebensmittelhandwerk wie etwa FleischerInnen, BäckerInnen oder LebensmittelfachverkäuferInnen. Dazu ist auch die Baubranche stark betroffen, hier können bei Weitem nicht alle Stellen besetzt werden. Trotzdem gibt es einen Höchststand an unversorgten Bewerbern (29.300).
Ausbildungsstellen und Corona
In den letzten Monaten war die Situation am Arbeitsmarkt durch Unsicherheit geprägt: Einerseits mussten sich Unternehmen erst mit der Corona-Situation arrangieren, andererseits waren angehende Azubis zurückhaltend und haben oftmals mit ihrer Stellensuche zugewartet. Insgesamt hat diese Situation zu einer sehr hohen Jugendarbeitslosigkeit 2020 geführt. Parallel dazu hat sich das Jobsuchverhalten deutlich verändert, während der Krise haben sich die Faktoren, die einen guten Job ausmachen, neu gewichtet. Allen voran suchen junge Menschen nach einem sicheren Job mit Perspektive. Genau das bieten die Ausbildungsstellen, die derzeit nicht besetzt werden können. Ein Missverhältnis.
Neues Interesse
Neben der Unsicherheit zeigt sich dennoch ein starkes Interesse an Ausbildungsstellen: die Suchanfragen im Bereich “Ausbildung” oder etwa “Lehrstelle” haben sich in den letzten Monaten mehr als verdoppelt. Zusammenfassend lässt sich sagen: Wenn sich die Unsicherheit legt und die Signale auf den Arbeitsmarkt wieder positiver werden, kann der Corona-Effekt auf den Ausbildungsmarkt schnell aufgeholt werden. Das strukturelle Problem und berufsbezogene Missverhältnis in Angebot und Nachfrage bei Ausbildungsstellen wird sich hingegen weiter manifestieren.
Social Media Recruiting
In einem anderen Bereich zeigt sich ein weiterer Trend im Zusammenhang mit der Coronapandemie, die Smartphone und Social Media Nutzung ist stark gestiegen, Mitte März und Mitte Mai 2020 griffen 45% der Deutschen nach eigenen Angaben deutlich öfter zum Smartphone, als sie es normalerweise tun würden. Dazu kommt die als unsicher wahrgenommene Situation am Ausbildungsstellenmarkt.
Zwei Implikationen ergeben sich daraus: erstens müssen sich die Kanäle an die Smartphone Nutzung junger Kandidaten anpassen und zweitens müssen die Inhalte der Anzeigen an die Bedürfnisse der angehenden Azubis angepasst werden. Viele Berufe kämpfen mit einem “schlechten Image” hier muss man Aufklärungsarbeit leisten, Benefits hervorheben und Jobsicherheit und Zukunftsperspektiven aufzeigen. Mit traditionellen Recruitingkanälen wird die Zielgruppe hingegen nicht mehr erreicht.
Diese Kanäle können Azubis schlicht nicht mehr zeitgemäß ansprechen. Karrieretage in Schulen waren auf Grund der Pandemie nicht möglich und das Stelleninserat in der Regionalzeitung erreicht vielleicht noch die Eltern von potentiellen Kandidaten. Es Bedarf neuer Kanäle für die Ansprache von Azubis.
Fazit
Das Interesse an Ausbildungsplätzen und die Suchanfragen nach “Ausbildung” steigen wieder. Zentral ist es die richtigen Benefits anzupreisen, Perspektiven aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass es sich um einen sicheren Job mit Zukunft handelt. Daneben müssen die richtigen Kanäle gewählt werden: Die Ansprache über Social Media ist bedeutend, hier verbringen junge Menschen Jahr für Jahr mehr Zeit. Hier bietet sich die Chance zielgruppenspezifisch, nachvollziehbar und kostensparend auf passende Kandidaten zuzugehen.
Hier geht es zum Artikel: "Herausforderungen im Lehrlingsrecruiting"